Intellektuelle

Vor aller Reduktion intellektueller Praxis auf das Tun der ›Schriftgelehrten‹ als der berufenen Vertreter der ›intellectualitas‹ meint diese allgemein »die Fähigkeit, etw. zu begreifen« (Georges). Es handelt sich um die Fähigkeit, sich allgemein in der Welt zu orientieren, gemeinsam mit allen anderen einen Begriff von der sozialen und natürlichen Welt zu entwickeln, darüber als Wissen zu verfügen und es den nachfolgenden Generationen zu überliefern. Diese allgemeine Orientierungsfunktion durch Begreifen und Wissen kann als symbolisches Deutungsmonopol von besonderen sozialen Kategorien angeeignet und monopolisiert werden, einem ›Klerus‹, der über besondere Kulturtechniken, die Schrift, einen Textkanon, eine institutionalisierte Wissenshierarchie und Rituale, die Zugehörigkeit und Aufstieg regeln, verfügt. Die Beherrschung der überlieferten Wissensbestände und die Kontrolle des Zugangs zu ihnen verbindet sich mit der Funktion ideologischer Reproduktion der symbolischen (Wert-)Ordnung und begründet den Ausschluss der ›Einfachen‹ als der ›Ungebildeten‹ aus der Organisation ideeller Vergesellschaftung. Gegenüber der ›Natürlichkeit‹ dieser säkularen Ordnung der Dinge betont Antonio Gramsci: »Alle Menschen sind I […], aber nicht alle Menschen haben in der Gesellschaft die Funktion von I« (Gef, H. 12, §1, 1500). Ein Ziel der Emanzipation ist ein neues Gleichgewicht zwischen körperlicher und intellektueller Tätigkeit, das eine der in der sozialen Organisation am tiefsten liegenden Schichten der gesellschaftlichen Arbeitsteilung überwindet, so dass alle in den Genuss ihrer vollen intellektuellen Kompetenz kommen und sich am gemeinsamen Begreifen der Welt beteiligen können.

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