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Der politische Marx und die Übereinkunft von Antagonismus und Kommunismus

Vortrag von Prof. Antonia Birnbaum (Paris) auf der 9. Marx-Herbstschule

Der Begriff «Kommunismus« antwortet auf zwei verschiedene, aber doch verbundene Probleme. Es gibt zum einen den Kampf gegen den kapitalistischen Klassengegner – dieser Kampf aktualisiert die Widersprüche der kapitalistischen Wirklichkeit. Und es gibt zum anderen den Versuch, durch die Erfindung assoziativer und solidarischer Lebensformen ein kollektives Leben zu gestalten jenseits von Herrschaft und jenseits der „eisigen Wasser“ des egoistischen Kalküls.

Marx‘ Begriff des Kommunismus wird meist auf das erste Moment zurückgeführt, auf den Antagonismus und den Klassenkampf, während das zweite Moment, die Idee des Gemeinsamen und eines kollektiven Zusammenlebens, eher den Frühsozialisten und Utopisten zugeschrieben wird. Der Vortrag will dagegen zeigen, dass sich beim frühen Marx beides überkreuzt. Mithilfe der Texte, die vor den Niederlagen von 1848 geschrieben wurden, wie etwa die Philosophisch-ökonomischen Manuskripte von 1844 und Artikel aus den Deutsch-Französischen Jahrbüchern, gilt es die Logik dieses Zusammentreffens aufzusuchen. Sie führt zu einer rätselhaften Übereinkunft in diesen Texten: zur Gleichzeitigkeit von revolutionärem Kampf und Idee des Kommunismus, von unversöhnlichem Antagonismus einerseits und dem Gemeinsamen der Kämpfe und der Erfahrungen andererseits.

Referentin: Antonia Birnbaum, Professorin für Philosophie, lehrt an der Fakultät für Philosophie der Universität Paris 8. Sie versucht erneut aufzunehmen, was erstmals Marx formulierte, nämlich dass emanzipatorische Begrifflichkeit nur ausgehend von den Revolten und von praxis-immanentem Denken produziert werden kann. Diese Bindung von Theorie an das Wissen der Unterdrückten ist, wofür der Begriff «Kritik« steht.

Weitere Infos: marxherbstschule.net/10/?page_id=758