1917 – eine periphere Revolution?

Wen der Schlag der Geschichte trifft – und für die marxistisch orientierte Linke ist das zur Totalität der Fall –, möchte zunächst an einen Blitz aus heiterem Himmel glauben. Die existentielle Bedrängnis der Gegenwart, das Wissen um die verlorene Zukunft (für immer? für bestimmte Generationen?) trüben oder blockieren sogar die Sicht auf die historischen Wurzeln des Geschehenen.

Historische Sicht – die so oft geforderte, aber selten erreichte »Aufarbeitung« – tut umso mehr not, nicht um »Abstand« zu gewinnen (was der betroffenen Generation ohnehin nicht gelingen könnte), sondern um als Historiker in einer Zeit des radikalen Umbruchs mit ihrer natürlichen Tendenz, rascher zu schreiben als zu denken, nicht zu kapitulieren. Berechtigt hat Günter de Bruyn unlängst vor den offensichtlich unvermeidlichen »Schnellfabrikaten « gewarnt, die auf pauschale Verdammung oder kaum weniger pauschale Rechtfertigung aus sind. Umbruchzeiten ist nicht selten die Tendenz inne, alte Absolutismen durch neue Absolutismen zu ersetzen, scheint doch der Horror Vacui als unerträglich. Auch die inzwischen erfolgte Wachablösung in der Arroganz der Macht gehört dazu.

aus: Kossok, Manfred. 2016 [1991]. Sozialismus an der Peripherie, S. 39-48. Berlin: Karl Dietz Verlag.

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