Wege zur Revolution: Leseempfehlungen

Aus dem Bücherregal Foto: lb Public Domain

Die Revolutionen des Jahres 1917, vor allem die Oktoberrevolution, provozierte und provoziert Zeitgenossen der Ereignisse wie auch heutige AutorInnen immer wieder dazu, sich als KünstlerInnen, PublizistInnen oder WissenschaftlerInnen schriftstellerisch zu Wort zu melden.

Die Masse der Literatur zu diesem Thema ist kaum überschaubar. Wollte man eine Literaturliste vorschlagen, würde man sich sofort der berechtigten Kritik aussetzen, ganz wichtige Quellen vergessen zu haben oder gar unterschlagen zu wollen. Oft sind es aber auch ganz bestimmte einzelne Werke, die die persönliche Sicht auf die Ereignisse auf lange Sicht prägen und aus dieser Perspektive ganze Bibliotheken aufwiegen. Wir haben einige MitarbeiterInnen der Rosa-Luxemburg-Stiftung gefragt, welche Bücher für ihren "Weg zu den Revolutionen" wichtig waren und sie weiterempfehlen würden.

Judith Dellheim (Referentin für Solidarische Ökonomie) schreibt über "Zehn Tage, die die Welt erschütterten" von John Reed:

Ten Days that Shook the World - Zehn Tage, die die Welt erschütterten, dieses faszinierende Buch des Gründungsmitgliedes und Vorsitzenden der Kommunistischen Arbeiterpartei der USA, John Reed, ist nach wie vor lesenswert – vorausgesetzt mensch will Geschichte verstehen. Dass Lenin 1919 „den Arbeitern in aller Welt von ganzem Herzen“ die Lektüre des Buches empfahl und Stalin es zensierte, hat einen einfachen Grund, den uns sein Autor erklärt: „In diesem Buch … muss ich mich auf eine Chronik jener Ereignisse beschränken, die ich selbst gesehen und erlebt habe oder von denen ich zuverlässige Berichte erhielt.“ Und: „… in meiner Schilderung der Geschichte dieser großen Tage habe ich versucht, die Ereignisse mit den Augen eines gewissenhaften Reporters zu sehen, der nichts anderes will als die Wahrheit schreiben“. Der talentierte Journalist (1887–1920). „gibt eine wahrheitsgetreue und äußerst lebendige Darstellung der Ereignisse, die für das Verständnis der proletarischen Revolution und der Diktatur des Proletariats von größter Bedeutung sind“, kommentierte Lenin, der mit Reed ein sehr besonderes Interesse teilte: Die linken Arbeiterinnen und Arbeiter in aller Welt sollten verstehen, dass der Erfolg der russischen Revolution von ihrer aktiven Solidarität abhing. Die russischen RevolutionärInnen und AnhängerInnen allein konnten keinen sozialistischen Versuch erfolgreich zum Ende führen. Interessant ist auch, dass Reed von der „Novemberrevolution“ sprach, nicht von der „Großen Sozialistischen Oktoberrevolution“, wie eine propagandistische offizielle Geschichtsschreibung später verklärte und instrumentalisierte.

1922 gab der Hamburger Verlag der Kommunistischen Internationale eine deutsche Übersetzung heraus. Die Bücher wurden 1933 von den Faschisten verbrannt. Der Dietz Verlag Berlin hat das Buch 1957 neu veröffentlicht. Seit dieser Zeit konnte mensch also lesen, wissen, begreifen, Geschichtsschreibung und Propaganda kritisch hinterfragen. Wäre diese Möglichkeit breit genutzt worden, wäre Geschichte vielleicht anders verlaufen … So wie man sich also nicht beklagen sollte, „was man uns so beigebracht hat“, so sollte man heute nicht leichtfertig sagen, dass man selber „mit alledem nichts zu tun“ habe. Man sollte hingegen Reed lesen, fragen, streiten, denken, sich das Buch kritisch aneignen, um Gegenwart radikal zu kritisieren.

Gregor Kriditis (Geschäftsführer der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen-Anhalt) hebt folgende Schriften hervor:

Isaac Deutscher, Die unvollendete Revolution. Frankfurt/M 1967. Was ich wichtig fand: In seiner Analyse hebt Deutscher hervor, dass während des Bürgerkrieges die Arbeiterklasse als politisch-soziales Kollektivsubjekt zerrieben worden ist, sodass der revolutionären Dynamik ihr Träger abhanden gekommen sei. In der Folge habe die Partei diese Lücke mit autoritären Mitteln politisch gefüllt.

Willy Huhn, Trotzki – der gescheiterte Stalin. Berlin 1973. Anders als der Titel vermuten lässt, ist dies keine reine Kampfschrift gegen den Trotzkismus. (Der Rätesozialist Huhn starb 1970 und hatte darauf ohnehin keinen Einfluß. 1949/50 hatte er mit Ernest Mandel und anderen Trotzkisten in der Berliner rätesozialistischen Zeitschrift Pro und Contra zusammengearbeitet und war dort mit ihnen in Konflikt geraten). Huhn analysiert differenziert die Ereignisse 1917 und betont, dass die Revolution von den Arbeitern und Bauern selbst vorangetrieben worden sei. Trotzki sei einer der wenigen gewesen, der in der Arbeiterschaft einen breiteren Einfluss gehabt habe. Lenin habe sich im Bündnis mit Trotzki an die Spitze der Revolution gestellt, sei aber mehr von der Dynamik der Massenbewegung getrieben worden, als dass er selbst die Entwicklung habe beeinflussen können. Insgesamt werde die Rolle einzelner Personen über- und die breiter sozio-politischer Strömungen unterschätzt.

Michael Buckmiller, Gewalt und Emanzipation in der Arbeiterbewegung. Unerledigte Fragen. In: Gewalt und Zivilisation in der bürgerlichen Gesellschaft. Kritische Interventionen Bd. 6. Hannover 2001. S. 242-257. Buckmiller komprimiert in diesem Aufsatz seine jahrzehntelange Forschung über den Kommunismus und die Arbeiterbewegung. Er weist die These vom Kommunismus als Verbrechensgeschichte zurück und wirft die Frage nach der Legitimität staatlicher Gewaltmittel im Sinne sozialer Emanzipation auf. Er kommt zu dem Ergebnis, dass der Weg der Eroberung der Staatsmacht als Mittel zur sozialen Emanzipation historisch abgeschlossen sei. Es müsse in der politischen Strategie an die antietatistischen Traditionen angeknüpft werden.

Miriam Pieschke (Fellow am Institut für Gesellschaftsanalyse) empfiehlt Luxemburg und Müller:

Rosa Luxemburgs „Zur Russischen Revolution . Warum: Eine differenzierte, kritisch-solidarische Auseinandersetzung mit der Oktoberrevolution. Außerdem, und das lässt sich leicht überlesen, eine genaue Abrechnung mit der deutschen Sozialdemokratie und der ausbleibenden deutschen Revolution. Vor allem aber, und das ist für mich das Geniale an der Schrift, der systematische Versuch, aus den Leistungen und Fehlern der Bolschewiki für zukünftige Anläufe zur grundsätzlichen Gesellschaftstransformation zu lernen. Und das Beste: Es macht Spaß, die Schrift zu lesen, weil sie, obwohl fragmentarisch geblieben, so wunderbar geschrieben ist.

Heiner Müllers „Zement“: Ein Theaterstück, dessen Handlung 1920 einsetzt, und das damit da anfängt, wo es eigentlich erst so richtig schwer wird: Die Revolution hat stattgefunden, und nun? Wie soll sie denn aussehen, die neue Gesellschaft? Wie finden Menschen darin ihren Platz? Wie gehen ehemalige GegnerInnen und ehemalige Verbündete miteinander um? Wie funktionieren Beziehungen, romantische und andere? Welche Rolle spielen dabei Geschlechterverhältnisse und die Organisation von individueller und gesellschaftlicher Reproduktion? Und das alles, während sich der Stalinismus schon am Horizont andeutet. Keine leichte Kost.

Markus Euskirchen (Blogonaut und Internet-Redakteur am Institut für Gesellschaftsanalyse) war beeindruckt von Dietmar Dath:

Dietmar Dath: „Venus siegt“ (Fischer Tor, Berlin 2016), gerade nochmal neu um 150 Seiten Schluss erweitert.  Dath projeziert die Vergangenheit der bolschewistischen Revolution, ihrer Hauptpersonen, ihrer Probleme und Kämpfe in die Zukunft und macht sie so in einem science-fiction-Rahmen neu lesbar und zumindest im fiktionalen Rahmen verhandelbar. Dath selbst sagt, er will mit dem Roman zum Lernen aus der Vergangenheit für die Zukunft beitragen. Ich empfehle eine Rezension auf fantasyguide.de, die diesen Punkt etwas ausführt.

Julian Plenefisch (Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Büro der Geschäftsführung) zu "Gestern morgen":

Ein Buch – nicht ausschließlich zu 1917 -, das ich sehr schätze, ist "Gestern morgen. Über die Einsamkeit kommunistischer Gespenster und die Rekonstruktion der Zukunft" von Bini Adamczak , erschienen im August 2015 bei edition assemblage. Für mich eine wundervoll traurige, kluge und sehnsüchtige Geschichte über das Scheitern der Revolution.

Stefan Kalmring (Referent für politische Weiterbildung in der Akademie für politische Bildung) betont die libertäre Perspektive:

Ich fände es gut folgenden Beitrag zu listen – schon deshalb, weil sonst eine libertäre Perspektive fehlen würde (sie fehlt meist) und es sich um eine recht gute Analyse der Fehlentwicklungen von 1917 handelt: Emma Goldmann: Niedergang der russischen Revolution. K. Kramer Verlag  Berlin 1987

Effi Böhlke (Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Büro der Geschäftsführung) erinnert sich eines ganz anderen Zugangs zu den revolutionären Ereignissen:

Die Aufforderung, eine Leseempfehlung zum Thema "Russische Revolutionen" abzugeben,  hat mich dazu gebracht, nach etwa 40 Jahren wieder ein Buch, ja, wenn man es genau nimmt, sogar drei, zur Hand zu nehmen und zu durchblättern, das bzw. die ich bereits im Alter von 13 oder 14 Jahren nicht gelesen, sondern verschlungen hatte.

Sodann ein Bekenntnis: Verschlungen hatte ich sie vermutlich, als ich, wie es des Öfteren vorkam, wieder einmal nicht die ganz große Lust hatte, in die Schule zu gehen; ich las eben lieber die vielen Bücher, die in den Regalen im Arbeitszimmer meines Vaters standen und nur darauf zu warten schienen, endlich herausgenommen und beachtet zu werden. Und Methoden, einen kleinen Schnupfen in einen schweren grippalen Infekt zu verwandeln, gab es auch damals schon eine ganze Menge…

Nun aber zum sog. Eigentlichen, dem Buch bzw. den drei Büchern, denn es handelt sich um eine Trilogie – nicht etwa Triologie, wie ich eben damals bereits lernte: und zwar um die dreibändige Romanfolge mit dem Titel „Der Leidensweg“, die der russische Autor Alexej Nikolajewitsch Tolstoi zwischen 1921 und 1941 verfasste und für die er im letztgenannten Jahr den Stalinpreis erhielt. Diese Bände nun verschlang ich also im sogenannten Backfischalter. Es muss doch etwas an bzw. in ihnen gewesen sein, das mich als Wesen zwischen Kindheit und Jugend in seinen Bann schlug.

Und wahrhaftig: Wenn ich die Bände heute durchblättere, rund 40 Jahre nach ihrer ersten Lektüre durch mich und circa 100 Jahre nach den in ihnen dargestellten Ereignissen, dann erstaunt mich aufs Neue die Frische und Eleganz des Geschriebenen und die Anschaulichkeit, mit welcher Tolstoi die dramatischen Ereignisse im Russland des beginnenden 20. Jahrhunderts so vor die Augen seiner LeserInnen stellt, als würden diese sie unmittelbar erleben. Um nur einen kurzen Einblick in die Schreibweise Alexej Tolstois zu geben – eines wohl entfernten Verwandten seines berühmten Namensvetters Lew Tolstois, nebenbei bemerkt –, sei der Beginn des I. Teils mit dem Titel „Die Schwestern“ zitiert:

„Oh, russisch Land!...

(„Das Lied von Igors Heerfahrt“)

Ein Fremder, aus irgendeinem von Linden überschatteten weltentlegenen Gäßchen nach Petersburg verschlagen, hätte in Augenblicken der Sammlung das zwiespältige Gefühl geistiger Erregung und seelischen Bedrücktseins empfunden. Er schlendert durch die geraden nebligen Straßen, vorbei an den düsteren Häusern mit dunklen Fenstern und dösenden Hauswarten vor den Hoftoren, schaut lange auf die bleigraue weite Wasserfläche der Newa, auf die blauen Konturen der Brücken mit den schon vor Anbruch der Dunkelheit angezündeten Laternen, auf die Säulenreihen der unfreundlichen und freudlosen Paläste, auf die unrussische spitzige Steile der Peter-Paul-Kathedrale, auf die ärmlichen kleinen Boote, die in das Dunkel des Wassers tauchen, auf die zahllosen Lastkähne mit feuchtem Holz an den Granitufern; er blickt den Vorübergehenden in die bekümmerten blassen Gesichter mit Augen, trübe wie die neblige Luft der Stadt – der Fremde, der das alles sieht und beobachtet, wird, ist er der Regierung wohlgesonnen, den Kopf noch tiefer in den hochgeschlagenen Kragen ziehen, oder – ist er ihr nicht wohlgesonnen – wird ihm der Gedanke aufsteigen, daß es doch schön wäre, mit aller Wut dreinzuhauen und diese verzauberte Erstarrung in tausend Stücke zu zerschlagen… So war Petersburg im Jahr 1914. Zermürbt von schlaflosen Nächten, seine Langeweile betäubend mit Wein, Gold, liebloser Liebe, mit den herzzerreißenden und kraftlos-sinnlichen Klängen des Tango – eines Hymnus des Sterbens –, lebte es gleichsam in Erwartung eines verhängnisvollen und furchtbaren Tages. Und von ihm zeugten Vorboten: Neues und Unbegreifliches kroch aus allen Ritzen.“

Dass mich die drei Bände so in ihren Bann schlugen, dass mir Vieles in Erinnerung blieb und ich auch durch diese Lektüre sehr geprägt wurde, ist mir im Rückblick gar nicht unbegreiflich: Die Geschichte, genauer müsste es heißen: die Geschichten der Romanfiguren werden sehr spannend erzählt und so ineinander verwoben, dass ein komplexes Zeitgemälde entsteht. Bei den weiblichen Hauptgestalten handelt es sich um die Schwestern Katja und Darja, Kosenamen: Kitty und Dascha, beide wohlhabendem Hause entstammend, jung, schön, intelligent, deren Schicksal sich mit demjenigen zweier junger Herren, Telegin und Roschtschin, verknüpft, mit welchen sie die dramatischen Ereignisse von Vorkrieg, Krieg, Revolution/en, Bürgerkrieg und Entstehung der Sowjetunion er- und durchleben. Es ist also viel los zwischen den beiden – resp. sechs, um exakt zu sein – Buchdeckeln, und bei aller Dramatik gewinnen Liebe, Schönheit und – Optimismus letztendlich die Oberhand.

Denn das muss ja auch in Betracht gezogen werden: Alexej Nikolajewitsch Tolstoi, adliger Herkunft und 1883 auf einem Herrensitz in der Nähe von Samara geboren, emigriert 1918, also kurz nach der Oktoberrevolutionen – bei welcher es sich im eigentlichen Sinne um eine Novemberrevolution handelt –, zunächst nach Paris, um 1921 nach Berlin zu übersiedeln. Im Frühjahr 1923 kehrt er in die Sowjetunion zurück. Mit dem Verfassen der Trilogie beginnt er 1919, also in der Emigration. Die Arbeit an der Trilogie beendet er am – 22. Juni 1941, dem Tag des Überfalls Hitlerdeutschlands auf seine Heimat!

Schreibt er sich, so meine während der aktuellen Lektüre aufkommende Frage, mit den drei Romanteilen im wahren Wortsinne in die Geschichte der russischen Revolutionen des Jahres 1917 und damit in die Entstehung der Sowjetunion hinein, sich diesen Ereignissen, die ihm zunächst fremd waren, auf diese Weise annähernd, sie in sich einverleibend, indem er sich in sie schreibend hineinversetzt? Und so sich vom beobachtenden Fremden des zitierten Beginns des I. Bandes peu à peu zum teilnehmenden Beobachter zu wandeln? Wie viel realer Optimismus den Entwicklungen in seiner russischen Heimat gegenüber mag darin zum Ausdruck kommen, wie viel Opportunismus und Pragmatismus aber auch der neuen „Führung“ und dem sich immer mehr zum Diktator aufschwingenden russisch-sowjetischen „Rukovoditel“ georgischer Abstammung? Schließlich verfasst er die beiden Bände mit dem Titel „Das Jahr Achtzehn“ und „Trüber Morgen“ in den Zwanziger und Dreißiger Jahren, also der Entstehungs- und Hochzeit einer der grausamsten Diktaturen des 20. Jahrhunderts, die auch und gerade vor dem Ermorden namhafter Schriftsteller nicht zurückschreckte, sollte dies doch nicht zuletzt der symbolischen Abschreckung der sowjetischen Bevölkerung dienen. Immerhin verfasst Alexej Tolstoi von 1930 bis 1945, dem Jahr seines Todes, auch die ebenfalls nach wie vor sehr lesenswerte Trilogie „Peter der Erste“, die im Allgemeinen als eine Analogisierung von Stalin und Peter I. dekodiert wurde, womit der Diktator in das Gewand eines Reformers gesteckt bzw. die bei Reformen resp. Revolutionen anfallenden historischen „Kosten“ als eben unausweichlich dargestellt werden sollten. In den 40er Jahren arbeitet er an dem Drama „Ivan Grosnyj“, zu Deutsch „Iwan der Schreckliche“, in welchem er nun eine Analogie zwischen dem altrussischen und für seine Grausamkeit und Willkür berüchtigten Zaren und dem neuen Diktator herstellte. Die darin an sich steckende kritische Sprengkraft wird jedoch dadurch karikiert, dass Stalin höchstpersönlich Kritik an diesem unvollendet bleibenden Werk insofern übte, als darin der Zar als „zu zögerlich“ dargestellt sei – nicht etwa natürlich wg. dessen Grausamkeit und Willkür!

Doch ist hier nicht der Ort des Richtens, und als ich 13 oder 14 Jahre alt war, das war dann also 1976/77 der Fall, im 60. Jahr der sog. Oktoberrevolution, waren mir diese historisch-politischen und biografischen Hintergründe nicht präsent, über sie wurde, auch in unserer Familie, nur in Andeutungen kommuniziert.

Und so hatte ich damals ein reines Lesevergnügen, und heute, neben der Re-Lektüre, die spannende Aufgabe eines Michvertiefens in die historisch zu kontextualisierende Biografie des Autors, die in mancherlei Hinsicht an diejenige Ilja Ehrenburgs zu erinnern scheint.

Mir bleibt nur die Hoffnung, mit meinen knappen Ausführungen bei den LeserInnen derselben Lust auf eine Lektüre der Trilogie Alexej Tolstois geweckt zu haben und diesen nun also viel Vergnügen dabei zu wünschen.

P.S. Bekannter noch denn als Autor des „Leidenswegs“ ist Alexej Tolstoi im Übrigen als Verfasser von „Das goldene Schlüsselchen oder Die Abenteuer des Burattino“, der im „Leseland DDR“ sehr verbreiteten russischen Nacherzählung der italienischen Mär von Pinocchio, der Holzpuppe mit der langen Nase, die so wunderbar lügen konnte – der aber die Nase immer wieder einen Strich durch die Rechnung machte. Sicher verbirgt sich in Ihren/ Euren Bücherschränken ein Exemplar dieser von Alexej Tolstoi 1936 – auch so eine denkwürdige Jahreszahl – verfassten Nacherzählung. Bitte mal nachschauen und -lesen!