The Kids Want Communism

100 Jahre Oktoberrevolution sind Anlass für eine Ausstellung im Kunstraum Bethanien in Berlin-Kreuzberg, die noch bis zum 12. November 2017 zu sehen ist. Die Werke von KünstlerInnen aus Israel, Deutschland und weiteren Ländern reflektieren die Utopie des Kommunismus ebenso wie Erinnerungen an das Leben in der Sowjetunion, die Durchdringung unserer Lebenswelten durch das Kapital wie das Wesen kommunistischer Kunst.

Ein abgedunkelter Raum, vier Objekte: Fotografien und an Hologramme erinnernde Installationen, die um das Thema Weltraum kreisen. In der Mitte: ein roter Himmelskörper. Noa Yafes Ensemble „Der rote Stern“ spielt auf den Science-Fiction-Roman gleichen Namens an, in dem der Bolschewist Alexander Bogdanov 1908 eine sozialistische Gesellschaft auf dem roten Planeten Mars entwirft.

Noa Yafe lebt im israelischen Bat Yam, wo die Ausstellung bereits letztes Jahr zu sehen war. Nun ist „The Kids Want Communism“, etwas anders zusammengestellt, in Berlin zu Gast. Möglich gemacht haben das die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS), der Kunstraum Bethanien und Gelder des Berliner Senats.
Das Kunstwerk „Der rote Stern“ evoziert metaphorisch wie bildlich-konkret einen „kommunistischen Horizont“, den Joshua Simon, der israelische Kurator der Ausstellung, als erreichbar gedacht wissen möchte. Die Ausstellung ist denn auch dort am stärksten, wo sie um den utopischen Gehalt von „Kommunismus“ heute kreist. Dies ist der rote Faden der Schau, dessen vermeintliches Fehlen angesichts der gestalterischen wie thematischen Heterogenität der ausgestellten Werke von manchen BesucherInnen beklagt wird.

So beschäftigt sich Bini Adamczak in ihrem Buch „Kommunismus: Kleine Geschichte, wie endlich alles anders wird“ mit dem kommunistischen Begehren. Im Kunstraum Bethanien stellt sie im Großformat sehenswerte Illustrationen daraus aus. In einem (zu) kleinen Heft sind zudem empörte Kommentare US-amerikanischer GegnerInnen angesichts der englischen Ausgabe ihres Buches nachzulesen.

Der in New York lebende israelische Künstler Ohad Meromi lädt dazu ein, sich auf einem seiner mehrteiligen Stockbetten niederzulassen und über eine andere Welt nachzudenken. Solches Tagträumen erscheint irgendwie aus der Zeit gefallen und offenbart genau dadurch sein utopisches Potenzial. Zugleich widersetzt es sich dem Arbeitsfetisch, der in Deutschland so verbreitet ist und der auch die kommunistische Arbeiterbewegung kennzeichnete.

Was die Frage aufwirft, was heutzutage kommunistische Kunst sein könnte? Eine überzeugende Antwort gibt der Berliner Diego Castro: „Artworkers unite!“ ruft er den KunstarbeiterInnen entgegen. Castro setzt sich in einem durchaus kämpferischen Sinne mit den für viele Kunstschaffende prekären und demütigenden Arbeitsbedingungen des Kunstmarktes auseinander.

Manchmal kann sich die „The Kids Want Communism“ allerdings nicht entscheiden, ob sie nun eine Kunstschau oder doch eher eine historische Ausstellung sein möchte. Die aus Fotografien, Filmen und weiteren Exponaten zusammengestellten Bereiche über die Kommunistische Partei Palästinas und die jugoslawische „Praxis“-Gruppe der 1960er Jahre fallen jedenfalls aus dem Gesamtzusammenhang der künstlerischen Zugänge heraus.

Uneinheitlich sind auch der Gegenstand und Inhalt des Erinnerns. Für Joshua Simon war die bolschewistische Revolution von 1917 „die größte menschliche Errungenschaft“. Florian Weis, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Rosa-Luxemburg-Stiftung, betonte dagegen in seiner Ansprache bei der Vernissage, dass die Stiftung die „Russische Revolution“ erinnern und ihren Blick somit nicht auf Lenin und die Bolschewiki verengen möchte.

Während Joshua Simon in einem Videoclip zur Ausstellung die sozialen Errungenschaften der Sowjetunion preist, zeichnet die New-Barbizon-Gruppe ein gänzlich anderer Blick aus. Aus den Gemälden über das Leben in der UdSSR, wo die KünstlerInnen der Gruppe allesamt aufwuchsen, spricht eine biografisch begründete emotionale Nähe zum Sujet – bei gleichzeitig deutlicher Distanz zum politischen System.

Ausstellung The Kids Want Communism:

kunstraum kreuzberg/bethanien
mariannenplatz 2
10997 berlin

öffnungszeiten:
täglich: 11 - 20 uhr
führung auf anfrage
eintritt frei

https://www.rosalux.de/veranstaltung/es_detail/FCQB8/the-kids-want-communism/
http://www.kunstraumkreuzberg.de/start.html