Frieden im Zwielicht (Teil 4)

Perestrojka - Fortsetzung der Sache des Oktober (1988)
Perestrojka - Fortsetzung der Sache des Oktober (1988) Foto: By Processed by Andrei Sdobnikov (Personal collection) [Public domain], via Wikimedia Commons Public Domain

Im April 1918 traf sich die Partei der Linken Sozialisten-Revolutionäre zu ihrem II. Parteitag, um über ihren weiteren Weg, nach dem Austritt aus der Sowjetregierung, zu diskutieren. Bereits einen Monat zuvor hatten die Bolschewiki einen Parteitag abgehalten, auf dem sich der Leninsche Flügel durchsetzte. Gegen eine starke parteiinterne Opposition wurde der Friedenschluss mit Deutschland befürwortet.

Beide Parteitage und die damit verbundenen Diskussionen waren geprägt von der Suche nach einem gangbaren Weg, der das Erbe des Oktober 1917 bewahren und die Existenz der Sowjetmacht sichern würde. Diese durch den Frieden von Brest-Litovsk forcierte Auseinandersetzung innerhalb des revolutionären Lagers wird zu einer entscheidenden Weichenstellung bezüglich des Charakters der entstehenden Sowjetmacht – föderal und dezentral oder Zentralstaat, revolutionäre Rechtsunsicherheit oder Rechtsstaat, Diktatur des Proletariats oder Diktatur der Werktätigen oder Diktatur einer Partei und auch schon Weltrevolution oder Sozialismus in einem Land.

Die Sowjets – eigenständige Machtorgane oder Anhängsel der proletarischen Diktatur und der sie repräsentierenden Partei?

In der Frage der Rolle der Sowjets bündelten sich alle Widersprüche, die mit den Ursachen und dem Verlauf des revolutionären Prozesses seit Februar 1917 zusammenhingen. Aus der Bewegung der ArbeiterInnen, BäuerInnen und Intellektuellen entstanden veränderten sie sich selbst mit der Veränderung der sie begründenden Akteure. Dementsprechend veränderte sich auch die Position Lenins zu diesen Organen; „Alle Macht den Sowjets“ war Mitte 1917, als sie sich gegen das Weitertreiben der Revolution aussprachen, keine Tageslosung mehr. Erst als die Bolschewiki und die Linken SozialistInnen-RevolutionärInnen dann Ende 1917 die Mehrheit erlangten, wurden sie aus seiner Sicht wieder zu einem annehmbaren Machtfaktor. Im Kern geht es darum, dass die revolutionäre Masse und die revolutionäre Partei nicht aufeinander reduzierbar sind, sondern in einem durchaus widersprüchlichen Verhältnis zueinander stehen müssen. Die Sowjets brachten erst einmal lokale Interessen zum Ausdruck, die über ein Repräsentationssystem im Sowjetkongress zu einem gesellschaftlichen Willen vereint werden sollte. Schon in diesem Prozess ergeben sich natürlich mit der Frage, wer RepräsentantIn wird und wie sich diese/r dann verhält, Abweichungen zwischen dem „Originalwillen“ und dem dann entstehenden Gesamtwillen. Dem stellten die lokalen und regionalen Sowjets das Prinzip des imperativen Mandats in wesentlichen Fragen entgegen, also die Bindung der Gültigkeit der Stimme an ein ganz bestimmtes Verhalten auf dem Sowjetkongress. Völlig offen blieb dabei, wie Fragen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung, wie Entscheidungen zur Infrastruktur und andere volkswirtschaftliche Fragen, die nicht unmittelbar lokale Belange berührten, einer sachgerechten Entscheidung zugeführt werden sollten. Dieses ganz praktische Problem des Verhältnisses direkter Demokratie (als Moment eines föderalen Herangehens) und repräsentativer Demokratie als Weg der Lösung überregionaler Fragen (auch das von den LSR betonte föderale Prinzip schließt immer Repräsentationsverhältnisse und Machtfragen ein) musste unter den Bedingungen Russlands 1918 eine grundsätzliche Weichenstellung provozieren.

Im Januar 1918 bezeichnet Lenin die Sowjets als „Richter“ über die Maßnahmen des Rates der Volkskommissare; und er setzt fort:

„Das Wort dieses Richters ist unanfechtbar, darauf werden wir stets vertrauen.“ (vgl. Lenin 1961, 469) Ein sehr weitgehendes Versprechen. Die Sowjets seien „eine der Formen der beginnenden Weltrevolution“, allerdings – und diese Feinheit ist wichtig – (nur) als Zwischenstufe zu einem „die ganze Menschheit umfassenden Staat“ (ebd., 481) Zuvor meint er, dass die Macht des revolutionären Staates das WESEN des Kommunismus sei. (ebd., 475)

Damit entfernt sich Lenin deutlich von Marx, der zwar die Diktatur des Proletariats und den entsprechenden Staat als Stufe auf dem Wege zum, aber in keinem Falle als das WESEN des Kommunismus betrachtete. Damit legt sich Lenin auf einen Kurs fest, der das Wesen der Sowjets als Ausdruck des unmittelbaren Willens der Massen aushöhlen musste; aus dem „unanfechtbaren Richter“ wird ein Richter auf Abruf.

Dass es sich dabei nicht nur um das Moment eines ganz normalen Suchprozesses handelte, sondern um eine bereits recht klar umrissene Vorstellung zeigt sich in seiner Schrift „Die nächsten Aufgaben der Sowjetmacht“ vom April 1918. (W. I. Lenin 1960a) Engegen dem Titel steht nicht die Sowjetmacht, sondern die eigene Partei im Zentrum:

„Wir, die Partei der Bolschewiki, haben Rußland überzeugt. Wir haben Rußland den Reichen, den Ausbeutern abgerungen zugunsten der Armen, der Werktätigen. Wir müssen jetzt Rußland verwalten.“ (ebd., 232)

Die Sowjetmacht, nicht die Partei wird zum Instrument erklärt. Die dann formulierten Aufgaben sind in ihrer Substanz sicherlich richtig, wie die Einführung gesellschaftlicher Rechnungsführung und Kontrolle, die Erhöhung der Arbeitsdisziplien und der Arbeitsproduktivität, die Heranziehung der Massen zur Verwaltung und zur Gerichtsbarkeit, das gemeinsame Lernen von Massen und Partei, die Hebung des Bildungs- und Kulturniveaus usw. Sie stehen aber immer unter der Vorgabe eines ganz bestimmten WIE, das von den Richtlinien der Partei bestimmt wird. Die Frage nach dem „Richter“ wird nicht mehr ernsthaft gestellt. Vielmehr wird der Erhalt der Macht der eigenen Partei als Kriterium festgeschrieben. Dabei mag Lenin ein bestimmter Typ von Partei vorgeschwebt haben, der in der Lage ist, bewusst die verschiedenen Interessenlagen in den Massen aufzugreifen und auf wissenschaftlicher Grundlage umzusetzen. Allerdings entsteht dieser Typ von Partei eben nicht, worauf Lenin selbst noch mit der Initiierung einer Kette von Parteireinigungen reagiert, ohne die Probleme der Korruption, des Machtmissbrauchs und Karrierismus lösen zu können. Die Kritik seitens der PLSR hätte solch ein Gegengewicht und Korrektiv seien können, aber auf eine substanzielle Auseinandersetzung mit ihnen lässt er sich in dieser Schrift nicht ein, obwohl diese in den Sowjets auch nach dem Regierungsaustritt noch eine große Rolle spielten. Er beschränkt sich auch hier auf die undifferenzierte Diffamierung politischer Gegner, wie z.B. der AnarchistInnen, die die revolutionären Bewegungen mitgetragen hatten und noch mittrugen. (vgl. ebd., 244)

Wenn er aber seine Vorstellung über das Verhältnis von Sowjets, Formen der Selbstorganisation (Genossenschaften u.ä.) und dem Staat konkretisiert, steht er einem anarchistischen Gesellschaftsverständnis nicht so fern:

„Der sozialistische Staat kann nur als Netz von Produktions- und Konsumkommunen entstehen, die ihre Produktion und ihren Konsum gewissenhaft verbuchen, Arbeit einsparen, die Arbeitsproduktivität unaufhörlich steigern und dadurch die Möglichkeit erlangen, den Arbeitstag auf sieben, auf sechs und noch weniger Stunden täglich herabzusetzen.“ (ebd., 245)

Je praktischer seine Überlegungen werden, umso mehr nähern sie sich Vorstellungen, die auch von anderen Linken geteilt werden könnten, an. Mit der im gleichen Atemzug praktizierten Abgrenzung zu anderen linken Strömungen, die den Staat als solchen in Frage stellen umschifft er das reale Problem, dass eine „Volkskontrolle“ in dem von ihm benannten Sinne noch nicht Wirklichkeit sein konnte und schuf sich so die Möglichkeit, den Staat und die eigene Partei zur Drehachse der Sowjetmacht zu machen.

Er stellt auch klar, wie das zu sichern sei:

„Es hat keine einzige große Revolution in der Geschichte gegeben, wo das Volk das nicht instinktiv empfunden und nicht eine heilsame Festigkeit gezeigt hätte, indem es Diebe am Tatort erschoß. Das Unglück der früheren Revolutionen bestand darin, daß der revolutionäre Enthusiasmus der Massen, der ihren gespannten Zustand aufrechterhält und ihnen die Kraft verleiht, die Elemente der Zersetzung schonungslos zu unterdrücken, nicht lange anhielt.“ (ebd., 255)

Das sich aus diesen Herangehensweisen an die gegebenen Widerspruchskonstellationen ableitende Konzept ist geschlossen, es ließ übrigens auch der noch bis 1923 immer wieder beschworenen Weltrevolution gar keinen Raum mehr. Das von Lenin entwickelte Konzept schuf nur eine scheinbare, keine tatsächliche Klarheit.

Im Verlaufe des Frühjahrs 1918 verloren die Bolschewiki an Einfluss in den Sowjets, während der der PLSR und anderer linker Gruppierungen stieg. Verschiedene Untersuchungen sowohl aus sowjetischen und nachsowjetischen Zeiten belegen, dass die Bolschewiki im Frühjahr 1918 in den örtlichen Sowjets ihre Mehrheit an andere linke Gruppierungen bzw. Parteilose verloren. (vgl. Häfner 1994, 485–490) Das widersprach deutlich dem von Lenin formulierten Führungsanspruch:

„Denn die Sowjetmacht ist nichts anderes als die organisatorische Form der Diktatur des Proletariats, der Diktatur der fortgeschrittensten Klasse, die Millionen und aber Millionen Werktätige und Ausgebeutete zum neuen Demokratismus, zur selbständigen Teilnahme an der Verwaltung des Staates emporhebt, die durch eigene Erfahrung lernen, in der disziplinierten und klassenbewußten Vorhut des Proletariats [also der bolschewistischen Partei] ihren zuverlässigsten Führer zu sehen.“ (W. I. Lenin 1960a, 256)

Auch die übrigen Unterstellungen zum Zustand der Arbeiterklasse und der „Massen“ trafen nicht zu. In dem Text finden sich selbst Verweise auf die in der Wirklichkeit ablaufende Desorganisation der Klasse wie auch der werktätigen Massen überhaupt. Um beim Beispiel des „revolutionären Enthusiasmus“, der sich nach Lenins Worten im Erschießen von Dieben darstellen soll, zu bleiben – was heißt eine solche Orientierung in Zeiten gesellschaftlichen Zerfalls? So war es vor allem ein Konzept des „Wollens und Sollens“, weniger des Übergangs aus einem absolut desolaten Gesellschaftszustand zu einem organisierten Aufbaus der Grundlagen einer neuen Gesellschaft.

Die Leninsche Konzeption ist staatsorientiert, zweifelsfrei zentralistisch, und das bestimmt seine Sicht auf die Sowjets. Die linken SozialistInnen-RevolutionärInnen vertraten demgegenüber ein föderalistisches Konzept. Dabei gingen einige von ihnen auch so weit, nach dem Regierungsaustritt wegen des von den Bolschewiki eingeschlagenen Kurses die Sowjets generell zu verlassen. Eine derartig radikale Position vertrat z.B. Čerepanov; er kritisierte die strenge Zentralisierung der Wirtschaft, z.B. bei den Eisenbahnen und forderte, die Sowjets zu verlassen und außerhalb derer den Parteiaufbau weiterzutreiben. (vgl. Häfner 1994, 407)

Die Frage der revolutionären Gewalt

Wir hatten ja schon gesehen dass der linke Sozialist-Revolutionär Issak Steinberg ausdrücklich den Gedanken der von der Konstituierenden Versammlung abgelehnten Deklaration der Rechte des werktätigen Volkes, dass die Macht den „arbeitenden Klassen“ gehöre, unterstützte. (vgl. Šṭeinberg 1929, 67) Der wichtige Scheidepunkt zu den Bolschewiki war für ihn das Wie der Anwendung dieser Macht.

Im Februar 1918 wandte sich Steinberg in seiner Eigenschaft als Justizminister in diesem Sinne in einem Telegramm an die regionalen und lokalen Sowjets; angesichts der Festigung der Sowjetmacht sei der Moment gekommen, die systematische Repression gegen Personen, Einrichtungen und die Presse zu beenden. Konterrevolutionäre Aktivitäten seien entsprechend der revolutionären Rechtsordnung zu verfolgen. Haft aus politischen Gründen, Ermittlungsverfahren und Beschlagnahmen sind nur von einer Untersuchungskommission durchzuführen, deren Zusammensetzung öffentlich bekannt sein muss. Keiner dürfe sagen können, dass es auf dem Gebiet der Sowjetrepublik keine sozialistische Gerechtigkeit gäbe. Die Revolution sei hart zu ihren Feinden und großmütig zu den besiegten. (Stejnberg 2000)

Damit wird auch klar, dass die PLSR nie gegen die Anwendung von Gewalt war, sie stellte im Unterschied zur leninschen Linie der Bolschewiki aber in viel stärkerem Maße die langfristigen Wirkungen der Gewaltanwendung in Rechnung und wichteten so das Moment des Rechtstaatlichen viel höher. Steinberg wandte sich aus diesem Grunde auch gegen die Verhaftung der Delegierten der Konstituierenden Versammlung, weil sie angesichts der hohen Erwartungen der Massen an dieses Organ damit in Märtyrer verwandelt worden wären. Proschjan, ein anderes Mitglied des Rates der Volkskommissare, langjährig im zaristischen Russland verfolgt und in Haft, protestierte bei anderer Gelegenheit gegen die von den Methoden des Zarismus kaum noch zu unterscheidenden Praktiken und die Haftbedingungen. Aus seinen persönlichen Erfahrungen sagte er klar, dass Strafen, wie das Zuchthaus (Katorga) niemandem zugemutet werden könnten:

„Wir sollen einen Bürgerkrieg führen, er soll aber eine Massenbewegung sein, keine Willkür von Generalen, von Demagogen…“ (zit. in Šṭeinberg 1929, 119)

Dementsprechend wandte Steinberg sich schon früh gegen jegliche pauschale Behandlung politischer Gruppen, so auch gegen die pauschale Behandlung der Kadetten als Verbrecher:

„Es lag hierin schon die Legalisierung des späteren blutigen Terrors. Zwar waren die Kadetten die geistigen und physischen Träger der bürgerlichen Konterrevolution. Aber die Gefahr bestand darin, daß das Dekret seinen Zorn nicht gegen bestimmte schuldige Personen wandte, sondern leichthin gegen eine ganze politische Abstraktion, die unzählige unschuldige Menschen umfassen konnte. Man schuf also einen Sündenbock, den kollektiven Anonymen, auf den man alle Mißerfolge und Leiden der Revolution häufen konnte. Es war klar, wenn ein solches Prinzip der politischen Rache sich einbürgern sollte, würde es morgen auch gegen andere Parteien und Gruppen angewendet werden; politische Verfolgungen würden an Stelle der sozialen Umwälzungen treten.“ (ebd., 52)

Der Inlandsgeheimdienst Tscheka betrachtete er als „technisches Organ für die Gerichte, für das revolutionäre Tribunal“ (ebd., 90) Steinberg führte Gefängniskommissionen, bestehend aus Arbeitern, ein, die die Listen der Gefangenen prüfen, ggf. ihre Freilassung verfügen und die Gründe für die Inhaftierung neuer Gefangener prüfen sollten. Damit schuf er eine kluge Möglichkeit der indirekten Kontrolle der Sicherheitsorgane (ebd., 96). Mit seinem Versuch, die Gefängnisse von ehemaligen politischen Gefangenen beaufsichtigen zu lassen, scheiterte – es fand sich einfach niemand, der das tun wollte. (ebd., 98)

Nach der Wiederaufnahme der Kampfhandlungen an der deutsch-russischen Front im Februar 1918 forderte die Führung der PLSR Arbeiter und Bauern auf, sich in Partisanenabteilungen zu organisieren. Die Partei schuf sich am 26. Februar ein „Aufstandskomitee“, das den revolutionären Kampf organisieren sollte. (vgl. PLSR 2000) Es ging um gesellschaftlichen, freiwilligen, nicht staatlichen Widerstand. (vgl. Šṭeinberg 1929, 204) Dieses Konzept war keinesfalls so weltfremd, wie Lenins Polemik gegen die PLSR nahelegt. Lenins Charakteristik der PLSR vom 28./01.03.1918 ist Ausdruck langfristiger Weichenstellungen:

„Ist es die Standhaftigkeit des Proletariers, der weiß, daß man sich fügen muß, wenn man keine Kräfte hat, und es dann nichtsdestoweniger, trotz alledem, versteht, sich immer wieder zu erheben, unter allen Umständen Kräfte zu sammeln — ist es die Standhaftigkeit des Proletariers, die dieser Verzweiflungstaktik entspricht, oder die Charakterlosigkeit des Kleinbürgers, der bei uns in Gestalt der Partei der linken Sozialrevolutionäre den Rekord in Phrasen vom revolutionären Krieg geschlagen hat?“ (W.I. Lenin 1960, 59)

Diese Position beruht in mehrfacher Hinsicht auf Lügen und/oder Selbstbetrug – weder unterstützte „der Proletarier“ in der hier suggerierten Weise die Position Lenins, noch war der revolutionäre Krieg eine bloße Phrase, wenn man ihn so verstand (als Partisanenkrieg), wie die PLSR, oder gar Charakterlosigkeit. In dem Moment, in dem Lenin das schrieb, konnte man mit dem gleichen Recht die von ihm erhoffte „Atempause“ oder das Bild des Arbeiters auch als bloße revolutionäre Phrase betrachten. Der führend von LSR-Mitgliedern organisierte Widerstand gegen die deutsche Besatzung 1918 oder auch der von den LSR im Juni/Juli 1919 geführte Bauernaufstand von Krasnjansk gegen die Weißgardisten unter Denikin und Kosakenverbände erwiesen sich als wirkungs- und sinnvoll. Neben und gemeinsam mit den Verbänden der regulären Roten Armee konnten sie diesen Vorstoß abwehren. (vgl. Leont’ev 2013) Zu diesem Zeitpunkt war die Partei schon terroristischer Repression seitens der Bolschewiki ausgesetzt, hatte aber immer noch Rückhalt unter den Massen. Freilich erwähnt die „Geschichte der KPdSU“, die für Generationen Linker die entscheidende Quelle für das Verständnis dieser Zeit war, diese Facette nicht – und schon gar nicht den Anteil der LSR. (vgl. Ponomarjow 1978, 299) Die von den LSR geforderte und tatsächlich in einigen Gebieten auch realisierte Volksbewaffnung zu Führung eines „Aufstandes“ als Partisanenkampf alternativ zu einem Krieg mit einer Armee war auch mit der Opposition gegen zentralistisch-staatliche Lösung sozialer Fragen verbunden. Armeen seien „vom Leben der Massen abgeschnitten, sind in den Händen des Staates zentralisiert.“ (ebd., 242) Der Aufstand gegen die Bolschewiki im Juli 1918 steht dann aber eher in der terroristischen Tradition der Narodniki als der eines „Bürgerkrieges als Massenbewegung“.

Wie macht man revolutionäre Politik?

Die sozialen Kämpfe seit der russischen Revolution von 1905-1907 drehten sich immer auch um die Anerkennung der Menschenwürde der ArbeiterInnen und der BäuerInnen. Es gerät oft in Vergessen, dass die Abschaffung des „du“ gegenüber den Arbeitern, die Abschaffung der Prügelstrafe und der Todesstrafe in der Armee und das Recht, für seine Rechte einzutreten wesentliche Errungenschaften des Februar 1917 waren. Die Offenlegung der Geheimverträge, die Abschaffung von Titeln und Rängen und das Versprechen der Absage an die alte Geheim- und Kabinettspolitik waren wichtige, beileibe nicht nur symbolische Veränderungen im politischen System nach dem Oktober 1917. Es ging also nicht nur um eine in sachlicher Hinsicht „proletarische“ Politik, eine Politik, die die Rechte der ArbeiterInnen sicherte. Es ging auch um eine „ehrliche“ Politik, die auf Offenheit und Vertrauen sowie die Wahrung der Würde der ArbeiterInnen beruhte. Dieser Faktor der Ehrlichkeit wird oft unterschätzt, selbst wenn er immer wieder als Floskel erscheint. Eines der Bilder 1990 war die Meinung, dass die SED die Menschen betrogen hätte; und das war gerade für ArbeiterInnen ein entscheidendes Argument für den Austritt aus dieser Partei.

Kurz gesagt -zu den Versprechen des Jahres 1917 gehörte auch das eines anderen „Politikstils“, einer anderen Art, "Politik zu machen“. Eigentlich wäre mit der Anerkennung der Macht der Sowjets auch ein Politikstil und eine bestimmte Qualität des Weges zum Sozialismus verbunden gewesen, die mit den Koordinaten Basisdemokratie, Offenheit, diskriminierungsfreie Kooperation, Achtung der Menschenwürde verbunden mit einer an diesen Prinzipien orientierten Sicherheitspolitik zu umschreiben wäre.

Die Realität war allerdings bedeutend komplizierter. Auch hier spielt das Agieren Lenins eine zentrale und normensetzende Rolle. Das durchgehende Motiv seines Ansatzes war das des revolutionären Bürgerkrieges, auf theoretischer Ebene die Reduzierung der Widersprüche auf Antagonismen, also Verhältnisse der Unvereinbarkeit, die nur mit der Vernichtung des Anderen, ausdrücklich auch der physischen, enden können. Davon trennt er sich auch nicht, als der Weltkrieg tatsächlich erfolgreich in einen revolutionären Prozess mit zwei Etappen, der Februar- und dann der Oktoberrevolution verwandelt wurde.

Dieser Ansatz schließt die Prinzipien, die Lenin z.T. selbst für die Arbeit der Sowjets formulierte, aus. Ein Krieg erforderte in seinem Verständnis unbedingte Unterordnung. Entsprechend ist alles erlaubt, was diese Unterordnung sichert. Diese Haltung geht auf Auseinandersetzungen zurück, die schon mehr als 10 Jahr zuvor vor dem Auftreten vor dem Parteigericht der SDAPR geführt wurden. Kern der Anklage war die Nutzung der Waffe der Verleumdung (als Form der Lüge (vgl. Haug 2015, 1349ff.)) durch Lenin beim Kampf gegen die menschewistische Fraktion. (vgl. Lenin 1959, 427f.) Alles ist erlaubt, auch Verleumdung, Rufmord und Terror, wenn es der „Sache“ zu nützen scheint. Lenin spielte diese Karte ab März 1918 konsequent viel stärker gegen andere linke Strömungen (vor allem die PLSR) als gegen die tatsächliche Konterrevolution aus. Auch das Spielen mit Rücktritt und Spaltung, also Formen moralischer Erpressung aus einer herausgehobenen Position heraus, finden wir in diesem Zusammenhang im Agieren Lenins. Aber wer entscheidet, was der „Sache“ nützt; und was die „Sache“ ist? In dem hier betrachteten Zeitraum gab es eigentlich keine Diskussion in der Partei selbst, die strategische Fragen betraf. Aus dem damit entstehenden Zirkel gab es kein Ausbrechen, wie Rosa Luxemburg völlig richtig voraussah. Er führte allerdings nicht in eine Parteidiktatur, sondern in eine Diktatur eines Teils der Partei.

Unter diesem Gesichtspunkt ist interessant zu betrachten, wie die Entscheidungen zum Frieden von Brest-Litowsk zustande kamen.

Das betrifft an erster Stelle die Zusammensetzung des Sowjetkongresses: ein/e Delegiert/e repräsentierte 25.000 ArbeiterInnen, aber 125.000 arbeitende LandbewohnerInnen. In einem Bauernland waren also die BäuerInnen im zentralen Machtorgan mit dem Faktor 5 unterrepräsentiert.

An zweiter Stelle betrifft es die Prozesse innerhalb der Partei der Bolschewiki selbst. Der VII. Außerordentliche Parteitag der RKP(b) sollte über die Position zur Unterzeichnung des Friedensvertrages entscheiden. Eine Reihe von Delegierten waren mit einem imperativen Mandat angereist, entweder, die Friedensschluss zu unterstützen, oder ihn abzulehnen. Sverdlov hebelte diese aus, indem er mit Drohungen der Parteispaltung moralischen Druck ausübte, der Position Lenins zuzustimmen. (vgl. Häfner 1994, 369) Das verzerrte das Bild der Akzeptanz und dürfte auch bei Lenin und anderen zu einer Selbsttäuschung über tatsächliche Kräfteverhältnisse geführt haben. Im Kern wiederholt sich das auf dem IV. Sowjetkongress, der formal die entscheidende Instanz in der Frage des Friedens war. Die Führung der Bolschewiki hob für die Mitglieder der Fraktion der Bolschewiki (die nicht von der Partei, sondern den Sowjets delegiert waren), die Bindung an das imperative Mandat auf:

„Jeder einzelne bolschewistische Delegierte sollte nach „seinem Gewissen“ abstimmen. Dies lief aber der klassischen Theorie des Rätemodells zuwider, in der dem Delegierten – in deutlichem Kontrast zur bürgerlich-parlamentarischen Demokratie – kein liberaler Gewissensvorbehalt eingeräumt wird. Realiter bedeutete die Aufhebung des gebundenen Mandats folgendes: Jeder einzelne Delegierte war nun der Fraktionsdisziplin unterworfen.“ (ebd., 379)

Damit war aber auch eine unvoreingenommene Diskussion von Alternativen unmöglich geworden, weil sie immer unter dem Verdikt der Spaltung standen. Gleichzeitig war damit verbunden, dass die Auseinandersetzungen in der Führung selbst in der Öffentlichkeit nicht bekannt wurden. Das erlaubte Lenin später, den Kontrahenten Schwanken usw. vorzuwerfen – das eigene Schwanken blieb unsichtbar. Der scheinbaren Einigkeit der Bolschewiki konnte er so immer die Unvollkommenheit anderer entgegenstellen:

„Wir wissen, daß eine große Revolution von den Volksmassen selbst aus der Tiefe emporgehoben wird, daß dazu Monate und Jahre nötig sind. Wir wundern uns nicht, daß die Partei der linken Sozialrevolutionäre während der Revolution unglaubliche Schwankungen durchgemacht hat.“ (W. I. Lenin 1960b, 510)

Der nächste Schritt der Strömung um Lenin war die Manipulation der Sowjets und Eingriffe in deren Zusammensetzung. Schon auf dem II. Parteitag der PLSR war das ein Thema, allerdings schienen die Probleme noch beherrschbar und Delegierte verwiesen auch aus gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit. Die Partei entschloss sich gegen eine Minderheit zur weiteren Mitarbeit in den Sowjets. Zu den negativen Erfahrungen nur ein Beispiel:

„In Perm war im April der Gouvernementssowjetkongress zusammengetreten, an dem 607 Deputierte teilnahmen. Die LSR stellten mit 307 Delegierten die absolute Mehrheit, die Bolschewiki hatten 211, die verbleibenden waren Parteilose. Den Mehrheitsverhältnissen zum Trotz schlugen die kooperationsbereiten LSR den Bolschewiki bei der Konstituierung des GEK [Gouvernements-Exekutiv-Komitee] sogar eine paritätische Besetzung vor. Das lehnten die Bolschewiki jedoch brüsk ab und beanspruchten 13 der 20 Sitze im GEK.“ Das setzten die Bolschewiki dann durch, indem sie sich an das GebietsEK des Ural wandten, in dem die Bolschewiki die Mehrheit hatten und bekamen recht. (vgl. Häfner 1994, 408f.)

Damit allerdings legten die Bolschewiki für alle sichtbar die Axt an die Basis der Sowjetmacht. Alle diese Aktionen gegen die Ideen des Sowjets wurden mit dem Verweis auf die harten Friedensbedingungen und die Notwendigkeit der Stärkung der Sowjetmacht begründet – das musste aber aus der Sicht der Massen absurd erscheinen. Ihre Meinung wurde durch das Handeln einer der Parteien entwertet, sie wurden aus dem System der Sowjets faktisch ausgeschlossen, wenn sie nicht die Positionen einer der Gruppen im ZK der bolschewistischen Partei teilten. Die Abschaffung der Wählbarkeit der Kommandeure in der Roten Armee am 22.04.1918 und die Wiedereinführung der Todesstrafe am 16.06. des gleichen Jahres nahmen weitere Ergebnisse der Revolutionen des Jahres 1917 zurück. Das alles schien den Kritikern des Friedensschlusses Recht zu geben, die hier ein Moment der Untergrabung der Sowjetmacht in ihrer ursprünglichen Bedeutung sahen.

Die Verluste der Bolschewiki an Mitgliedern und Sowjetmandaten nach dem März 1918 dürften sich zum Teil aus diesem Verhalten erklären. In vielen der Sowjets verloren sie die Mehrheit an die PLSR und Parteilose.

Der lange Schatten von Brest-Litowsk – oder: Die Vielfalt der Sackgassen

Die pragmatischen Lösungen Lenins wie die Vorstellungen der PLSR sind für den Augenblick tragfähig, allerdings ohne internationalistische Kooperation mit der westeuropäischen Arbeiterbewegung langfristig nicht. Auch die PLSR ist in dem durch die fehlende globale Rückendeckung der russischen Entwicklung entstandenen Dilemma gefangen. Die Position gegen den Frieden ist in hohem Maße moralisch begründet, von der Verantwortung gegenüber den Revolutionären im Baltikum, in der Ukraine und in Finnland, die nun unterdrückt werden werden. (vgl. Šṭeinberg 1929, 222f.)

Die Kündigung des Vertrages von Brest-Litowsk im Herbst 1918 war nicht Ausdruck gewonnener eigener Stärke, sondern Frucht des Sieges der Entente im Westen sowie der Novemberrevolution, die allerdings im Januar 1919 niedergeschlagen wurde und nicht die erhoffte Kooperation des Weltproletariats in Fragen eines sozialistischen Aufbaus brachte.

Gegen die soziale Realität verschiebt Lenin den Fokus von den realen ArbeiterInnen und Bauern, die die Revolution durchführten, die in den Fabrikkomitees und Sowjets aktiv waren, in eine Abstraktion, die er dann als Realität und Entscheidungsgrundlage präsentiert. Dieses „So-Sein-Sollen“ mag einer fundierten Gesellschaftsanalyse entspringen und auf einem hohen Abstraktionsniveau zutreffen, und es zerschlägt erst einmal für den Moment Handlungsblockaden. Es kann aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht aus der Sowjetbewegung selbst hervorgewachsen sein. Die Gruppierung um Lenin begründet in der hier betrachteten Zeit letztlich den nie mehr heilbaren Bruch zwischen Partei und werktätigen Massen: er etabliert den Parteiapparat als Instanz der Bewertung der „Anderen“, in die ob ihrer Unzulänglichkeiten zu vertretenden, und verwandelt, wie Rosa Luxemburg vorausahnte, die Diktatur des Proletariats in die Diktatur einer Partei.

Auf der anderen Seite sind die Vermutungen der SozialistInnen-RevolutionärInnen über die Fähigkeiten der „wirklichen“ Werktätigen nicht besser begründet als die Vermutungen Lenins. Auch in ihren Reihen wird eingeschätzt, dass die Partei beginnt, Rückhalt in den Massen, insbesondere unter den Bauern zu verlieren, weil sie ihnen nicht richtig vertraue.

Der wesentliche Unterschied zwischen Bolschewiki und PLSR bleibt allerdings immer eine größere Offenheit zur Selbstveränderung bei Letzteren, ein viel stärkeres Gespür für die Stimmungen unter den Bauern und für langfristige Konsequenzen heutigen Handelns. Wo Lenin nur Antagonismen sieht, sehen sie „prozessierende Widersprüche“. Sie stehen in dieser Hinsicht, obwohl sie den Marxismus ablehnen, viel stärker in der Tradition Marx` als Lenin.

Wenn also, vor allem inspiriert von Trotzki, über personelle Alternativen zu Stalin diskutiert wird, so geht das aus der Sicht der Ereignisse im 1. Halbjahr 1918 am Problem vorbei. Verdrängt wird der gemeinsame Nenner der verschiedenen Fraktionen der Revolution – die internationale Dimension. Trotzki war keine Alternative, auch die PLSR nicht – es gab schlichtweg keine nach dem Ausbleiben der Revolution im Westen. Der Stalinismus ist unter diesem Gesichtspunkt die Quintessenz der II. Internationale. Die Versuche bis 1923, die Revolution zu exportieren, entsprangen eher dem Kalkül der Erhaltung der Macht der Partei (die mit dem Proletariat verwechselt wurde), als einer nüchternen Analyse. Der nächste Schritt ist die Durchsetzung der Vormachtstellung der Bolschewiki in einem Teil der kommunistischen Bewegung vermittels der Kommunistischen Internationale.

Es wiederholt sich, wenigstens zum Teil, eine Auseinandersetzung, die nach der Niederlage der 1848er Revolution in Deutschland stattfand. In einer Auseinandersetzung über die Fortführung der politischen Arbeit des Bundes der Kommunisten zwischen Marx und Schapper heißt es:

„In der Motivierung seines Antrages auf Trennung sagt Marx unter anderem wörtlich: »An die Stelle der kritischen Anschauung setzt die Minorität eine dogmatische, an die Stelle der materialistischen eine idealistische. Statt der wirklichen Verhältnisse wird ihr der bloße Wille zum Triebrad der Revolution. Während wir den Arbeitern sagen: Ihr habt 15, 20, 50 Jahre Bürgerkriege und Völkerkämpfe durchzumachen, nicht nur um die Verhältnisse zu ändern, sondern um euch selbst zu ändern und zur politischen Herrschaft zu befähigen, sagt ihr im Gegenteil: Wir müssen gleich zur Herrschaft kommen, oder wir können uns schlafen legen. Während wir speziell die deutschen Arbeiter auf die unentwickelte Gestalt des deutschen Proletariats hinweisen, schmeichelt ihr aufs plumpste dem Nationalgefühl und dem Standesvorurteil der deutschen Handwerker, was allerdings populärer ist. Wie von den Demokraten das Wort Volk zu einem heiligen Wesen gemacht wird, so von euch das Wort Proletariat. Wie die Demokraten schiebt ihr der revolutionären Entwicklung die Phrase der Revolution unter« etc. etc.“ (Marx 1982, 412f.)

Völlig unabhängig von ihren Intentionen müssen sich die Revolutionäre des Oktober 1917 in der hier von Marx skizzierten tödlichen Konstellation bewegen: die wirklichen Verhältnisse können nicht Triebkraft werden, der Wille muss an ihre Stelle treten…

Die schon durch Lenin beginnenden offensichtlichen Verfälschungen der Geschichte des Friedensschlusses von Brest-Litowsk legitimierten einen Weg, der in den heutigen Zerfall der Linken in nationale und z.T. nationalistische Strömungen führte und die internationale Solidarität zu einem Anhängsel von Apparatepolitik verwandelte. Der Übergang von einer von der Selbstbewegung der Massen getragenen Entwicklung zu einer von Repräsentanten getriebenen ist der Beginn der Bewegung in eine Sackgasse. Mit dem Repräsentationsanspruch verschiebt sich der Charakter eines revolutionären Prozesses hin zur Kleinbürgerlichkeit und damit in die Stagnation. Das ist völlig unabhängig von Intentionen der AktivistInnen. Diese Verschiebung betrifft auch Richtungen wie den Anarchismus, die genau das behaupten nicht zu sein. Es ist das anarchistische Moment in der Bewegung der LSR, das sie in die Niederlage treibt.

Wenn also in den Zeiten des Realsozialismus die Parteiapparate sich darauf beriefen, in der Tradition Lenins zu stehen, so ist das richtig – allerdings auch in den Fragen, in denen Lenin insbesondere in den ersten Monaten des Jahres 1918 die Grundlagen für die spätere Stalinisierung der bolschewistischen Gesellschaft schuf. Genau genommen sind es eher diese schwachen Seiten Lenins, als seine starken analytischen und selbstkritischen Ansätze, die die weitere Entwicklung der kommunistischen Strömung prägten. Sein Umgang mit linken Kritikern und mit Gewaltinstrumenten wurden jenseits des Kontext (der sein Verhalten immerhin erklärbar macht) zum Standardverhaltensmuster eines „guten Funktionärs“. Die Erklärung seines Handelns wurde unter der Hand in eine Kanonisierung überführt. Dieser Prozess beginnt unmittelbar nach seinem Tode und ist wiederum mit der Fixierung einer und nur einer bestimmten Lesart der Oktoberrevolution und ihrer Geschichte verbunden.

(Schluss folgt)

 

Quellen und zum Weiterlesen

Häfner, Lutz (1994). Die Partei der linken Sozialrevolutionäre in der russischen Revolution von 1917/18, Köln [u.a.]: Böhlau

Haug, Wolfgang Fritz (2015). Lüge, in: Historisch-Kritisches Wörterbuch des Marxismus Band 8/II, Hamburg: Argument Verlag, 1334–1353

Lenin, W. I. (1960a). Die nächsten Aufgaben der Sowjetmacht, in: W.I. Lenin Werke Bd. 27 Februar - Juli 1918, Berlin: Dietz Verlag, 225–268

Lenin, W. I. (1961). Dritter Gesamtrussischer Kongress der Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten 10.-18. (23.-31.) Januar 1918. Bericht über die Tätigkeit des Rats der Volkskommissare 11. (24.) Januar, in: W.I. Lenin Werke Bd. 26 September 1917-Februar 1918, Berlin: Dietz Verlag Berlin, 455–472

Lenin, W. I. (1959). I. Lenins Verteidigungsrede (bzw. Anklagerede gegen den menschewistischen Teil des ZK) vor dem Parteigericht, in: W.I. Lenin Werke Bd. 12 Januar-Juni 1907, Berlin: Dietz Verlag, 423–435

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